Kurzfristige Angebotssorgen stützen – Ölpreise steigen und verteuern auch Heizöl
Die letzte Woche im August geht volatil zu ende. Gestern legten die Ölpreise an den internationalen Börsen noch einmal unerwartet zu und zogen auch die Heizölpreise im Inland mit nach oben. Während die kurzfristigen Angebotsausfälle in Libyen aktuell die Preise stützen, bleibt die übergeordnete Sorge um die Nachfrageentwicklung vor allem in China ein preisdrückender Faktor.
Libyens Ölförderung schon um mehr als die Hälfte gesunken
Die politischen Verwerfungen im bürgerkriegsgebeutelten Libyen haben in dieser Woche dazu geführt, dass die Ölförderung des gesamten Landes rapide gesunken ist. Die international nicht anerkannte Regierung in Benghazi, die den Osten und damit auch die meisten Ölanlagen kontrolliert, hat als Druckmittel den kompletten Produktionsstopp angekündigt.
Aktuell sind von den etwa 1,2 Millionen Barrel, die Libyen täglich fördert, schon mindestens 700.000 Barrel offline. Nach Einschätzung des auf den Ölmarkt spezialisierten Analyseunternehmens Rapidan Energy Group könnte sich der libysche Produktionsausfall sogar auf 900.000 bis 1 Mio. Barrel pro Tag ausweiten und mehrere Wochen andauern. Die Ölbörsen reagierten gestern auf diese Prognosen mit einem deutlichen Preisanstieg.
Langfristige Nachfragesorgen bleiben preisdrückend
Trotz dieser akuten Probleme auf der Angebotsseite stehen die Rohölpreise weiterhin vor ihrem ersten aufeinanderfolgenden Monatsverlust in diesem Jahr, denn mittel- und langfristig gesehen rechnet man am Markt eher mit einem Angebotsüberhang. So dürfte das Nachfragewachstum, nicht zuletzt wegen der schlechten Prognosen für China, spätestens 2025 deutlich abnehmen, während die Produktion aus Nicht-OPEC-Ländern wie den USA und Brasilien wohl zunehmen wird. Und auch die Aussicht, dass die OPEC+ ab dem vierten Quartal ihr Angebot wieder erhöht, belastet die Börsen.
„Der Markt ist besorgt über die mittelfristigen Aussichten, da die Ölbilanzen für 2025 schwach aussehen“, resümieren die Analysten des australischen Bankhauses ANZ. Sie weisen darauf hin, dass die OPEC+ in den kommenden Wochen eine wichtige Entscheidung zu treffen hat: „Wir glauben, dass die OPEC keine andere Wahl haben wird, als das Auslaufen der freiwilligen Produktionskürzungen zu verzögern, wenn sie höhere Preise will“.
Die OPEC+ nimmt seit dem Frühjahr zusätzlich zu den bestehenden Förderkürzungen zur Stabilisierung des Ölpreises eine zusätzliche Menge von 2,2 Millionen Barrel vom Markt. Bei der letzten Vollversammlung hatte die OPEC+ beschlossen, diese freiwilligen Kürzungen ab Oktober über den Zeitraum eines Jahres schrittweise abzubauen. Aufgrund der schwachen Nachfrageaussichten zweifelten viele Marktbeobachter zuletzt an diesen Plänen. Die aktuellen Angebotsprobleme in Libyen machen die Umsetzung der Maßnahme nun allerdings wieder wahrscheinlicher.
Inlandspreiserwartung
Bei den Inlandspreisen müssen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher aufgrund des gestrigen Preisanstieges auf deutliche Zuschläge einstellen. So haben sich 100 Liter Heizöl im Vergleich zu gestern Vormittag je nach Region um voraussichtlich +1,90 bis 2,40 Euro verteuert.