Hohe US-Lagerbestände setzen Ölpreise unter Druck – Hoffnung auf moderate Antwort Israels – Heizöl deutlich günstiger
Die Ölpreise starten leicht erholt in den heutigen Handelstag, nachdem sie zur Wochenmitte deutlich unter Druck geraten waren. So fiel gestern die Atlantiksorte um 3% auf 87,29 Dollar pro Barrel, während es für die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) um 3,1% auf 82,69 Dollar pro Barrel nach unten ging. Damit verzeichneten die beiden wichtigsten globalen Ölsorten ihren größten Rückgang seit dem 20. März dieses Jahres.
US-Ölvorräte steigen fast doppelt so stark wie erwartet an
Gleich mehrere Faktoren hatten gestern für Druck auf den Ölmärkten gesorgt. So waren etwa die US-Rohöllagerbestände in der vergangenen Woche um 2,7 Millionen Barrel auf 460 Millionen Barrel gestiegen. Damit lagen sie fast doppelt so hoch wie die Erwartungen der Analysten, die von einem Anstieg um 1,4 Millionen Barrel ausgegangen waren.
Analysten sehen unmittelbare Kriegsgefahr gebannt
Zudem gehen einige Analysten mittlerweile nicht mehr davon aus, dass der Raketen- und Drohnenangriff des Irans auf Israel zu drastischen US-Sanktionen gegen die iranischen Ölexporte führen wird. Immerhin ist der Mullah-Staat der viertgrößte Ölexporteur innerhalb der OPEC.
Nach der Einberufung seines Kriegskabinetts am Montag hat Israel immer noch nicht über eine Antwort auf den iranische Angriff entschieden. Von vielen Marktbeobachten wird dies als positives Signal im Hinblick auf die weitere Entwicklung im Nahen Osten gewertet. Der angekündigte iranische Drohnenangriff auf Israel könnte nach Ansicht von Analysten und Investmentbanken der vorläufige Höhepunkt der Eskalation gewesen sein.
Citigroup: 100 Dollar sind möglich
Nach Einschätzung anderer Marktteilnehmer dürfte die Ungewissheit über einen möglichen israelischen Vergeltungsschlag und die Frage, ob sich die bislang gezeigte Zurückhaltung durchsetzen wird, den Ölmarkt jedoch weiterhin in Atem halten.
So geht die Citigroup davon aus, dass die Spannungen im Nahen Osten „extrem hoch“ bleiben werden, was die Preise stützt. Dies hat die US-Bank dazu veranlasst, ihre kurzfristigen Preisprognosen anzuheben, wobei das Dreimonatsziel für West Texas Intermediate um 8 Dollar pro Barrel erhöht wurde.
„Unserer Ansicht nach ist eine mögliche Fortsetzung eines direkten Konflikts zwischen dem Iran und Israel auf dem aktuellen Markt nicht eingepreist, was unserer Einschätzung nach dazu führen könnte, dass die Ölpreise je nach Art der Ereignisse auf bis zu 100 Dollar pro Barrel steigen“, schrieben die Analysten in in einer Mitteilung an ihre Kunden.
Goldman Sachs: „Risikoprämie“
„Wir schätzen, dass die Ölpreise bereits vor den Angriffen des Irans am Wochenende eine Risikoprämie von 5 bis 10 Dollar pro Barrel widerspiegeln“, äußerten Analysten der US-Investmentbank Goldman Group Sachs in einer Notiz. „Die mögliche israelische Reaktion auf den iranischen Angriff ist höchst ungewiss und wird wahrscheinlich das Ausmaß der Bedrohung für die regionale Ölversorgung bestimmen.“
SocGen: Mehr Risiko für direkte Militäraktionen
Benjamin Hoff, Global Head of Commodities Research bei Societe Generale SA, geht davon aus, dass das unmittelbare Risiko einer direkten Konfrontation zumindest vorerst eingedämmt wurde – zumindest vorerst. Gleichzeitig sei es komplexer geworden, die weitere Entwicklung vorherzusehen , da die Möglichkeiten einer Eskalation, an der die USA beteiligt sind, zunehmen würden. Bei einer direkten militärischen Auseinandersetzung zwischen den USA sieht Hoff den Preis für Brent-Öl deutlich über 140 Dollar steigen.
Heizölpreise geben nach
Glücklicherweise stellt dieses Szenario eine Ausnahmesicht dar, weshalb die Ölpreise aktuell auch deutlich nachgeben. Nachdem die Notierungen für Gasöl, dem Vorprodukt für Diesel und Heizöl, auch heute morgen deutlicher zurückgehen, müssen Verbraucherinnen und Verbraucher im Bundesgebiet im frühen Handel je nach Region etwa -1,55 bis -2,25 Euro pro 100 Liter weniger bezahlen als noch zur Wochenmitte.